Begeisterte Raumpfleger (m/w) gesucht!
Ganz ehrlich, ich warte auf die Stellenanzeige, die den
begeisterten Raumpfleger sucht.
Der seinen Lebenszweck erfüllt sieht, wenn er die
schimmeligen Apfelgehäuse, die ein Mitmensch in den Flokati eingetreten hat,
kunstgerecht aus diesem wieder entfernt. Der das Aroma von Mülltonnen liebt.
Die sublime Ästhetik schleimigen Putzwassers genießen kann.
Absolut irrwitzig, wie Unternehmen heute Stellenanzeigen
aufgeben.
Der begeisterte Vollblutverkäufer, der sich 150%ig mit der
Firmenphilosophie des Schraubenherstellers identifiziert. Der Mensch mit Benzin
im Blut und Liebe zu Motoren, der als Vertreter für Schmieröladditive durchs
Land ziehen soll. Der Altenpfleger, dessen aufopfernde Liebe zum Menschen erst
ganz kurz vor der Selbstaufgabe halt macht. Undsoweiter.
Moment mal: Kapitalismus bedeutet doch, dass ich meine
Arbeitskraft als Ware verkaufe. Um zumindest genug zu haben, um im nächsten
Monat wieder Essen, Trinken und aufs Klo gehen zu können.
Es gibt schöne und schaurige Seiten in vermutlich jedem
Beruf. Und bei jedem von uns Tage, an denen er lieber liegenbleiben oder ganz
was anderes machen würde.
90% von uns gehen nicht arbeiten, weil wir unsere Firma so
lieben. Sondern damit bei uns der Rubel rollt.
Inzwischen verlangen sie aber nicht mehr nur meine
Arbeitskraft. Sondern meine völlige Identifikation mit dem Arbeitgeber.
Aber genau da hakt es doch aus. Wenn von zwei
Geschäftspartnern (und etwas anderes ist ein Arbeitsverhältnis nicht) der eine
sich völlig mit dem anderen identifiziert, dann wird er ein schlechtes Geschäft
machen. Aus Begeisterung für den anderen wird er ihm seine Ware vermutlich
schenken. Zumindest weit unter Preis abtreten. Aber genauso funktioniert es
nicht. Denn ein gutes Geschäft ist eines, bei dem am Schluss beide zufrieden
sind und beider Bedürfnisse erfüllt wurden.
Das schlimme ist: Es scheint keinem aufzufallen. Es gibt
genug Idioten, die solche Stellenanzeigen aufgeben und genug Idioten, die sich
darauf bewerben. Vielleicht bewerben müssen. Längst halten wir es für völlig
normal, dass wir uns in dieser Form mit unserem Unternehmen identifizieren, uns
dafür zerreißen lassen würden.
Dabei ist es nur ein Geschäft zwischen meinem geschätzten
Arbeitgeber und mir. Mehr nicht. Keine Ehe. Keine romantische Liebesbeziehung.
Ich muss mein Unternehmen nicht hofieren wie eine Geliebte.
Man kann sich auf derlei Kram ja bewerben und sich dazu
seinen eigenen Teil denken.
Aber wenn wir wirklich anfangen, diese ganze geriebene
Scheiße auch noch zu glauben, dann wird der Triumph des Kapitalismus
vollständig sein.
„Was immer auch passiert, nie dürft ihr soweit sinken, von
dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken“ schreibt Erich
Kästner. Recht hat er.
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